IGENI ist ein Projektvorhaben der Forschungsgruppe MUeSLI (Musei e Scenari Linguistico-culturali dell’Interazione orale/Museen und sprachlich-kulturelle Szenarien der mündlichen Interaktion). Die Forschungsgruppe - Mitgliederinnen sind zusammen mit der Humboldtianerin Frau Prof. Dr. Miriam Ravetto (Università del Piemonte Orientale) sechs andere Professorinnen bzw. Sprachwissenschaftlerinnen an italienischen Universitäten - wurde 2016 mit dem Ziel ins Leben gerufen, die komplexen Dynamiken und verbalen, para- und nonverbalen Interaktionsstrukturen empirisch zu untersuchen, die die multimodalen Kommunikationspraktiken in Museen kennzeichnen, und die Untersuchungsergebnisse für die Praxis (etwa bei der Aus-, Fort- und Weiterbildung des Personals) aufzubereiten und fruchtbar zu machen.
Aus der Zusammenarbeit innerhalb der Forschungsgruppe sind bereits einige Veröffentlichungen hervorgegangen (z.B. Carobbio (i.E); Carobbio/Lombardi 2018; Costa 2016, 2018; Costa/Ravetto 2018; Höhmann 2018; Lombardi 2017, 2019; Magris 2018; Nardi 2017, 2018a, 2018b; Ravetto 2018, 2019).
Zu den bisherigen Initiativen der Forschungsgruppe gehören neben verschiedenen Arbeitstreffen die Veranstaltung eines Workshops zu Transkriptionsverfahren (Turin, Oktober 2019) und eines zur „Museumskommunikation im Zeitalter der Digital Humanities“ (Bergamo, Februar 2020), die Organisation der internationalen Tagung „Arte in Traduzione / Kunst in Übersetzung“ (Macerata, 27-29.1.2022) sowie die Planung der Tagung „Museumskommunikation aus deutschitalienischer Sicht: sprachwissenschaftliche, museumspädagogische und interkulturelle Perspektiven“ (Brescia 2022/2023, in Zusammenarbeit mit dem „Kunsthistorischen Museum“ Wien).
Die multimodalen Entwicklungen, gerade in Folge der Covid-19-Pandemie, haben die Kommunikation und die Rezeption der Kunstwerke verändert, neue Bedarfslagen geschaffen und dabei die Nachfrage nach innovativen kommunikativen Formaten verstärkt. So hat die Anzahl an digitalen Kulturangeboten in letzter Zeit stark zugenommen: Über das Internet bzw. über Apps erhält man heute leicht Zugang zu verschiedenen Formen digitaler Kunstkommunikation, u.a. zu partizipativen Plattformen, virtuellen Führungen und Audioguides zu einzelnen Kunstwerken.
Viele Museen haben ihre Kommunikationsmodalitäten dementsprechend modifiziert und bieten u.a. virtuelle Rundgänge an, wie etwa die über Apps zugänglichen Projekte von Google Arts & Culture in Zusammenarbeit mit verschiedenen Galerien und Museen, z.B. mit dem „British Museum“ in London, mit dem „Deutschen Museum“ in München oder mit den „Uffizi“ in Florenz.
Vor allem hat der digitale Raum in der letzten Zeit an Bedeutung gewonnen. Besonders in den kleineren und mittleren Museen, Kunsthallen und Ausstellungen ist in dieser Hinsicht einiges ausprobiert worden, wobei oft improvisiert werden musste. Die italienischen Museen, mit denen bereits eine Zusammenarbeit besteht, haben dementsprechend darauf hingewiesen, dass sie effektivere Vermittlungsformate und -ressourcen brauchen.
Ein dringender Bedarf besteht vor allem an neuen interaktiven Tools und anderen digitalen Informationsangeboten, die die herkömmlichen bewährten Formen des Museumsbesuchs und museumspädagogischen Konzepte ergänzen bzw. Vorfreude auf den realen Besuch wecken sollen. Eigens hervorzuheben ist der Bedarf an Informationsangeboten in Fremdsprachen (wie z.B. Deutsch), neben dem bereits stark vertretenen Englischen, mit dem Ziel, die Zahl ausländischer BesucherInnen zu erhöhen.
Ausgehend von den oben skizzierten Bedürfnissen setzt sich das vorliegende Projekt primär zum Ziel, Kommunikationsmodelle und -formate in der italienischen und deutschen Sprache für kleinere und mittlere Kunstmuseen, -hallen und -ausstellungen zu erarbeiten, die auf andere Museumsarten und auf die Kommunikation in anderen Fremdsprachen übertragen werden können.
Dafür sind Kompetenzen und Expertisen im Bereich der Museumskommunikation, Sprach- und Übersetzungswissenschaft, Digitalisierung, neuer Medien und multimodaler Kommunikation sowie neue Formen universitärer Ausbildung erforderlich.
Das IGENI-Projekt will ein internationales Forschungsnetzwerk aufbauen, das einen regen Informations- und Kompetenzaustausch sowie eine beständige Zusammenarbeit zwischen Universitäten auf der einen Seite und Museen, Kunsthallen, Ausstellungen auf der anderen Seite fördert – mit Vorteilen für alle beteiligten Akteure.
Wichtige Themenschwerpunkte des Netzwerks sind:
mehrsprachige interkulturelle Museumskommunikation: crossmedial, interaktionell und partizipativ;
innovative digitale und multimodale Kunstvermittlung: Einsatz digitaler Technologien bzw. Integration von analogen und digitalen Medien vor, bei und nach dem Museumsbesuch: zur Überwindung von Sprachbarrieren und gleichzeitige Förderung einer aktiven Teilnahme der MuseumsbesucherInnen;
Tourismusmarketing: innovative Marketingkonzepte, die speziell auf die Bedürfnisse eines internationalen Publikums ausgerichtet sind.
Zur Gruppe der FachexpertenInnen, die an der interdisziplinären Zusammenarbeit mitwirken, gehören:
Sprach- und ÜbersetzungswissenschaftlerInnen, die Kommunikationspraktiken ausgehend von authentischen Datensammlungen bzw. Korpora einzelsprachlich oder sprachkontrastiv untersuchen;
ExpertInnen in den Bereichen Kunstvermittlung, Museumskommunikation und -marketing, die aufgrund ihrer Kenntnisse und Erfahrung zur Entwicklung von innovativen museumspädagogischen Konzepten beitragen können;
DirektorInnen von Museen und Kunsthallen, KuratorInnen sowie LeiterInnen von Abteilungen für Tourismus und PR, deren Kompetenzen und Erfahrung für die Erfassung der Kommunikationsbedürfnisse grundlegend ist;
ExpertInnen für digitale Kommunikation, die über die nötigen informationstechnischen Kompetenzen für die Bearbeitung und Erstellung von digitalen Kommunikationsformaten verfügen.
Das Forschungsprojekt ist praxisorientiert angelegt.
Im Rahmen von Netzwerkinitiativen wie Zielgruppenaktivitäten, sprachwissenschaftlichen Untersuchungen und Gelegenheiten zum Wissensaustausch sollen vorhandene Kommunikationsangebote analysiert und bearbeitet sowie neue Vermittlungs- und Präsentationsformate (z.B. mehrsprachige Storytelling-Videos, -Podcasts oder interaktive virtuelle Räume zur digitalen Unterstützung der Besucher- und NutzerInnen) gemeinsam entwickelt werden.
Das IGENI-Projekt wendet sich an kleinere und mittlere (kunst-)historische Museen, Kunsthallen und Ausstellungen, die reiche und interessante kulturhistorische Sammlungen besitzen, die aber von der Covid-Pandemie besonders betroffen waren und daher ihre Angebote neu ausrichten müssen.
Das sind Museen, die auch einen starken Internationalisierungsbedarf haben, da sie an Orten mit einem großen touristischen Entwicklungspotential liegen oder wegen ihrer Aufnahme in die UNESCO-Liste des Weltkulturerbes (wie im Falle der Monferrato-Region, in der das „Ecomuseo della Pietra da Cantoni“ besucht werden kann) in den letzten Jahren zu beliebten Zielen für ausländische Touristen (besonders aus Deutschland) geworden sind.
Eingebunden werden sollen weitere deutsche Museen, Kunstvereine und verwandte Einrichtungen, die sich mit ihrer Expertise einbringen und ihrerseits von dem regen Wissens- bzw. Erfahrungsaustausch profitieren können.